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Masking & Erschöpfung - wenn Anpassung zur Last wird

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Viele neurodivergente Menschen – besonders Autist:innen – kennen Masking als stillen Begleiter ihres Alltags. Nicht als „Verstellen“, nicht als „unecht sein“ –sondern als eine hochkomplexe, kognitiv gesteuerte Anpassung.


Masking entsteht dort, wo Sicherheit fehlt. 

Dort, wo man versucht, Anschluss zu finden – oder einfach nicht aufzufallen.


Es ist ein Weg, am sozialen Leben teilzunehmen, ohne darin unterzugehen.


Doch dieser Weg hat einen Preis.

Einen, den man oft erst spürt, wenn die Erschöpfung größer wird als die Kraft, weiterzufunktionieren.

 

Hier möchte ich Klarheit schaffen, was Masking ist (und was nicht) und wie wir in kleinen Schritten zu uns selbst finden können.


Masking bedeutet:

🔹 autistisches Verhalten (z. B. Stimming (stereotype Bewegungen, die der Selbstregulation dem Stressabbau dienen)) bewusst zu unterdrücken,

🔹 Körpersprache und Blickkontakt gezielt (nicht intuitiv) zu steuern,

🔹 soziale Reaktionen und kommunikatives Verhalten (z.B. Mimik, Gestik) zu imitieren,

🔹 sich selbst permanent zu beobachten und Körpersprache (aufrecht sitzen, Lächeln, Kopfbewegungen) bewusst zu steuern,

🔹 über eigene Grenzen hinwegzugehen, um nicht aufzufallen,

🔹 Unbehagen, Überforderung, Orientierungslosigkeit und Reizschmerz zu verbergen.


Wissenschaftlich betrachtet ist Masking:

👉 eine enorme Beanspruchung exekutiver Funktionen

👉 eine enorm anstrengende und hochkomplexe kognitive Dauerleistung

👉 eine dauerhafte Aktivierung des Stresssystems (HPA-Achse) und der Amygdala


Und der wichtigste Punkt ist: 

🌬️ auf Masking folgt IMMER Erschöpfung! Unmittelbar. Ohne Ausnahme. 


Masking schützt und ermöglicht Teilhabe am sozialen Miteinander - einem überlebenswichtigen Bedürfnis eines jeden Menschen.


Aber es kostet auch extrem viel Kraft und Energie.


Masking trennt uns von unserer inneren Orientierung und kann auf Grund der enormen Belastung zu chronischer Erschöpfung, exzessiver Exterozeption (ständiges Außen-Scannen), wenig Bezug zu sich selbst, Burnout, Depression, Identitätsverlust und (sozialen) Ängsten führen.


Wenn wir an diesem Punkt sind, entsteht die Frage:

Ziehe ich mich zurück, gehe in die Isolation, um zu überleben -

oder wage ich langsam, mich mir selbst zuzuwenden und mein eigenes Sein anzunehmen statt mich immer wieder aufs Neue zu verleugnen? 


Entscheiden wir uns für uns selbst, beginnt dieser Weg nicht mit großen Schritten, sondern mit kleinen Momenten der Rückkehr:


Ein Atemzug.

Eine kleine Grenze.

Eine ehrliche Antwort.

Ein bewusstes Stimming, das du dir erlaubst.


Ein Augenblick, in dem du merkst:

„Es fühlt sich anders an, wenn ich bei mir bleibe.“


🌙 Reflexionsfragen für diese Herbstzeit

Lege deine Hände auf dein Herz.

Atme.

Und frage dich:

✨ In welchen Situationen maskiere ich? Und warum?

✨ Wer bin ich, ohne meine soziale Maske?

✨ Gibt es Situationen und Menschen, wo es mir leicht(er) fällt, ich selbst zu sein?✨ Was brächte ich, um weniger zu funktionieren - und mehr zu sein?

✨ Was wäre ein kleiner Schritt in Richtung Echtheit?


Der Herbst erinnert uns:

Loslassen ist kein Verlust.

Loslassen ist ein Heimkommen.

Zu dir.

Zu deinem Körper.

Zu deiner Wahrheit.

Zu einem Leben, das dich nicht erschöpft – sondern trägt.


Und zu der Erkenntnis: Echtheit ist kein Ziel. 

Sie ist eine Rückkehr. 


„So bin ich. Und das ist gut so.“


Deine Julia.

 
 
 

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